Fachwissen

Insulin-Resistenz:

Welche klinischen, gynäkologischen und laborchemischen Befunde sind bei Jugendlichen charakteristisch?

Alejandra Julia Giurgiovich, Adela Achabal, Debora Murcia, Lorena Levi und José Maria Méndez Ribas

aus korasion Nr. 3, Oktober 2008

Eine Insulin-Resistenz (IR) kommt in den Industrieländern zunehmend bereits im Kindes- und Jugendalter vor. Die schwerwiegende Stoffwechselstörung ist zwar an Erwachsenen im Hinblick auf klinische Aspekte, Fortschreiten der Erkrankung (metabolisches Syndrom), Laborparameter sowie Behandlungsmöglichkeiten ausreichend evaluiert worden, nicht aber an Kindern und Jugendlichen. Insbesondere fehlen die Insulin- Referenzbereiche/Grenz - werte, die – per Radioimmun - assays [Homeostasis-Model- Assessment (HOMA)-IR] be - stimmt – bei Kindern und Jugendlichen diagnostisch herangezogen werden könnten.

In der vorliegenden Studie wurde eine Reihe von klinischen, biochemischen sowie psychologischen Parametern an Mädchen bzw. weiblichen Jugendlichen erhoben, um deren Bedeutung für die Eintwicklung bzw. das Fortschreiten einer Insulin-Resistenz (IR) im Jugendalter zu qualifizieren.

Zielsetzung der Studie

Es sollte die Prävalenz von Insulin- Resistenzen in Abhängigkeit von familiären Faktoren (Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck) sowie persönlichen Faktoren (Übergewicht und/ oder Störungen der Menstruationszyklen) bei weiblichen Jugendlichen aus der Kinderund Jugendgynäkologischen Sprechstunde am Hospital „José de San Martin“ der Universidad de Buenos Aires, Argentinien (UBA), erfasst werden (siehe auch Tab. 1).

Tab. 1: Patientinnen und Methoden

Allgemeine Daten

  • Grund für die Konsultation,
  • Chronologisches Alter,
  • Gynäkologisches Alter;

Klinische Parameter:

  • Body-Mass-Index (BMI),
  • Taillen- und Hüftumfang,
  • Ferriman-Galway-Score,
  • Akne und Hirsutismus;

Gynäkologische Daten:

  • Tanner-Stadien,
  • Menstruationszyklus,
  • Sexualverhalten,
  • Gynäkologische Untersuchung (bzgl. des Sexualverhaltens),
  • Uterus- und Ovarien-Volumen;

Labor-Parameter:

  • Lipid-Profil,
  • Insulin/Glukose-Verhältnis (basal),
  • Nüchtern-Insulin,
  • OGTT (nach WHO, 1999),
  • HOMA-IR-Werte,
  • Hormonstatus

Patientinnen und Methoden

Es handelt sich um eine des - kriptive Longitudinalstudie mit 40 Mädchen im Alter zwischen 12 und 19 Jahren, die die Kinder- und Jugendgynäkologische Sprechstunde am Hospital „José de San Martin“ im Zeitraum von April 2007 bis April 2008 aufsuchten und bei denen mit Hilfe des HOMA-IR-Testes (RIA) bzw./und klinisch eine Insulin-Resistenz diagnostiziert wurde.

In die Studie wurden alle Jugendlichen aufgenommen, die spontan oder auf Überweisung die Sprechstunde aufsuchten, die Einschlusskriterien erfüllten (Tab. 2) und die Einverständniserklärung zur Studienteilnahme unterschrieben hatten. Das Einverständnis wurde auch von den Eltern der Jugendlichen eingeholt.

Tab. 2: Einschlusskriterien

Patientinnen im Alter unter 20 Jahren;

Patientinnen mit folgenden familiären/persönlichen Kriterien:

Familiäre Kennzeichen:

  • Type-2-Diabetes mellitus,
  • Insulin-Resistenz,
  • Obesitas,
  • Hypertension,
  • Dyslipidämie,
  • Andere Endokrinopathien;

Persönliche Kennzeichen:

  • Obesitas während Kindheit und/oder Adoleszenz,
  • Hypertension,
  • Hirsutismus, Akne,
  • Niedriges Geburtsgewicht,
  • Vorzeitige Pubertät,
  • Taillen/Hüftumfang > 0,88,
  • Irreguläre Menstruationszyklen,
  • Acanthosis nigricans,
  • HOMA-IR-Werte > 3

Nicht in die Studie eingeschlossen wurden Jugendliche ohne klinische und/oder laborchemische Zeichen einer IR bzw. mit einem HOMA-IR . 3, zudem Patientinnen unter einer hormonellen Therapie oder einer Diat zum Zeitpunkt der Vorstellung sowie diejenigen Mädchen, fur die keine Einwilligung bzw. keine Einwilligung seitens der Eltern vorlag (Tab. 3).

Tab. 3: Ausschlusskriterien

  • Patientinnen ohne typische Symptome einer Insulin-Resistenz,
  • Patientinnen mit HOMA-IR-Werten < 3 (RIA),
  • Patientinnen mit Insulin-Resistenz unter aktuellen Behandlungen (Medikamente,
    Kontrazeptiva, Diat),
  • Ablehnung der Studienbedingungen,
  • Adoptierte Patientinnen ohne biologische Familienanamnese

Von der Auswertung ihrer Daten wurden die Patientinnen ausgeschlossen, die die angesetzten Arzttermine nicht wahrgenommen hatten, ebenso die Patientinnen, die die interdisziplinäre Betreuung durch eine Gynäkologin und eine Ernährungsberaterin abgelehnt hatten.

Ergebnisse der Studie

Abb. 1: Chronologisches Alter der Mädchen mit Insulin-Resistenz

Von den 40 Mädchen, bei denen eine Insulin-Resistenz diagnostiziert wurde, waren nahezu 90% zwischen 13 und 17 Jahre alt. 50% der Mädchen hatten ein gynäkologisches Alter zwischen ein und drei Jahren (Abb. 1 und 2).

Abb. 2: Gynäkologisches Alter der Mädchen mit Insulin-Resistenz

Die häufigsten Gründe für das Aufsuchen der Sprechstunde waren Zyklusunregelmäßigkeiten, vor allem Oligomenorrhöen und sekundäre Amenorrhöen (Abb. 3 und 4).

Abb. 3: Gründe der Mädchen mit Insulin-Resistenz für die Konsultation
Abb. 4: Art der Menstruationsstörungen der Mädchen mit Insulin-Resistenz

Die Resultate dieser Studie zeigen, dass es wichtig ist, die familiaren Risikofaktoren, d.h. die Anamnese der Verwandten ersten und zweiten Grades bezüglich Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, Dyslipidämie und IR zu erheben, um bei Jugendlichen das Risiko fur die Entwicklung einer IR einschätzen zu können. Die wichtigsten persönlichen Risikofaktoren waren Übergewicht, Akne und Hirsutismus (Tab. 4 und 5).

Tab. 4: Familiäre Charakteristika (bei Verwandten 1. und 2. Grades)
Erkrankungen/Störungen (n = 40)
(Mehrfachnennungen möglich)
n %</db>
Hypertension 29 74,3
Type-2-Diabetes mellitus 28 71,7
Obesitas 27 69,2
Dyslipidämie 13 33,3
Insulin-Resistenz 11 28,2
Hypothyreoidismus 11 28,2
Mutter mit Fehlgeburten 6 15,4
Allergie 3 7,6
Infertilität 3 7,6
Tab. 5: Erkrankungen/Störungen der Mädchen mit Insulin-Resistenz
(in Kindheit und Adoleszenz)
Erkrankungen/Störungen (n = 40)
(Mehrfachnennungen möglich)
n %
Übergewicht, Obesitas 12 30,0
Akne + Hirsutismus 9 22,5
Akne + Hirsutismus + Obesitas 8 20,0
Allergie 3 7,5
Metabolisches Syndrom 4 10,0
Hypothyreoidismus 2 5,0
Niedriges Geburtsgewicht 2 5,0
Obesitas, Pankreatitis 1 2,5
Vorzeitige Pubertät/Obesitas 1 2,5

Die wesentlichen klinischen Befunde bei den Mädchen waren: BMI > 24,9 (Übergewicht und Fettleibigkeit) in 82%, verbunden mit einem PCOS, einem Taillen-/Hüftumfang-Quotienten . 0,89 in 70% sowie eine Acanthosis nigricans in 80%. Ein Bluthochdruck fand sich nur in 10% der Fälle, ein auffälliges Lipidprofil mit erhöhtem LDL und erhöhten Triglyzeriden in 30% bzw. in 28% (Tab. 6 und Abb. 5).

Tab. 6: Klinische Befunde bei den Mädchen mit Insulin-Resistenz
Für Insulin-Resistenz charakteristische Befunde (n = 40)
(Mehrfachnennungen möglich)
n %
Übergewicht oder Obesitas 33 82,5
PCOS 33 82,5
Taillen-/Hüftumfang-Relation > 0,89 28 70,0
Acanthosis nigricans 32 80,0
Hirsutismus 18 45,0
Akne 19 47,5
Hypertension 4 10,0
Abb. 5: Lipidprofile der Mädchen mit Insulin-Resistenz (n = 40)

Die höchste Gewichtsreduktion bzw. die beste Compliance bzgl. Diät und körperlicher Aktivität zeigten diejenigen Patientinnen, die sich auch in eine psychologische Betreuung begeben hatten (siehe auch Tab. 7).

Tab. 7: Psychologische Profile der Mädchen mit Insulin-Resistenz und familiäre Aspekte

Familien:

  • 93% der Mädchen haben familiäre Konflikte;

Eltern:

  • Der Vater erscheint als aggressive Figur mit der Tendenz, Gehorsam zu erzwingen (40%),
  • Die Mutter erscheint dominierend und überbesorgt (70%),
  • Beziehungsprobleme Mutter-Tochter in 50%,
  • Probleme der Mutter: Depressionen in 50% und psychosomatische Probleme in 70%;

Mädchen:

  • Mangelndes Selbstbewusstsein (70%),
  • Mangelnde Selbstdarstellung und Aktivitätsverlust (15%),
  • Nur 3 Mädchen waren sexuell aktiv (infolge mangelnden weiblichen Körperbewusstseins vieler Mädchen?)

93% der Mädchen hatten familiäre Konflikte (Tab. 7): Im Einzelnen fielen folgende psychologischen Aspekte bei den Eltern auf:

  • Der Vater erschien häufig als aggressive Figur mit der Tendenz, Gehorsam zu erzwingen, oder er zeigte Desinteresse.
  • Die Mutter-Tochter-Beziehung war in 70% von Hyperprotektion geprägt, und in 50% bestanden Schwierigkeiten hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Mutter und Tochter.
  • Die Mütter waren in 50% depressiv und wiesen in 70% psychosomatische Probleme auf.

Bei den Mädchen selbst fiel psychologisch auf:

  • Sie zeigten in 15% ein angemessenes Selbstwertgefühl, in 70% jedoch ein vermindertes Selbstbewusstsein und in 15% Aktivitätsverluste.
  • 50% der Mädchen zeigten angesichts der Diagnose und Behandlung keine entsprechende Reaktion bzw. Aktion; 35% der Mädchen negierten die Diagnose.
  • Nur 3 Patientinnen hatten zum Zeitpunkt der Untersuchung sexuelle Beziehungen aufgenommen (dies lässt sich mit dem Konflikt erklären, den die Mädchen mit ihrem Körper hatten, zudem aber auch mit einem mangelnden weiblichen Körperbewusstsein).

Diskussion

In der Studie wurde ein HOMA-IRWert von 3 als Grenzwert zugrunde gelegt, da es bis dato in Argentinien weder einen auf Jugendliche adaptierten Grenzwert gibt - noch eine Methode, um diesen festzulegen. Ein Wert von > 3, mittels eines RIA ermittelt, wurde dementsprechend als pathologisch angesehen.

37 der 40 Patientinnen (92,4%), die an der Studie teilnahmen, zeigten einen HOMA-IR-Wert . 3, 3 Patientinnen (7,5%) hingegen nicht. Bei diesen 3 Mädchen lagen jedoch Faktoren vor, die mit einer IR vergesellschaftet sind: eine Acanthosis nigricans und eine erhöhte Taillen-/Hüftumfang-Relation.

Auch konnte bei diesen Mädchen mit lediglich HOMA-IR-Weten von 2,6- 2,8 im OGGT eine Insulinämie mit einem Wert von über 80mE/l nach 120 Minuten festgestellt werden (ein Wert, welcher in unserem Labor als pathologisch gilt), d.h. diese Patientinnen zeigten unter Glukosebelastung eine pathologische Reaktion (dynamische Antwort).

Basierend auf den Befunden von S. Leiderman et al. aus dem Jahre 2002, die mittels RIA bei Jugendlichen mit einem Cut-off-IR-Wert von 2,5 bei Vorliegen entsprechender familiärer und persönlicher Risikofaktoren einen pathologischen IR-Wert im oralen Glukose-Toleranz-Test (OGTT) nach 120 Minuten festgestellt hatten, entschlossen wir uns, auch die 3 o.g. Mädchen in die Auswertung einzuschließen.

Es vergingen 6 bis 8 Monate seit Beginn der Studie, bis sich positive Resultate im Hinblick auf Abnahme des Taillen-/Hüftumfang-Verhältnisses und des Körpergewichts zeigten und sich die ovarielle Funktion besserte. Von den Patientinnen, die in korrekter Weise ihre Diät durchführten und körperlich aktiv waren, zeigten zu diesem Zeitpunkt nur noch 16 einen HOMAIR- Wert über 3,0, hingegen 8 Mädchen einen Wert zwischen 2,5 und 2,9 und 4 Patientinnen einen Wert unter 2,5.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass der Altersdurchschnitt der 40 Patientinnen bei 15,7 Jahren lag – mit einer Streubreite von 11 bis 19 Jahren. Dementsprechend hatten 25% der Patientinnen ein chronologisches Alter von über 15 Jahren, und dementsprechend auch hatten 45% der Mädchen – wenn man das mittlere Menarche-Alter von 12,1 Jahren in Buenos Aires zugrunde legt – ein gynäkologisches Alter von über 3 Jahren.

Dieser Punkt ist zu beachten, damit nicht auch Patientinnen mit „physiologischer“ IR, die in der Perimenarche und den ersten postmenarchalen Jahren vorkommt, als pathologisch eingestuft werden (I. de la Parra, 2004). Zur Identifizierung der Mädchen mit Insulin- Resistenz sollten daher weitere Faktoren wie z.B. Übergewicht, Acanthosis nigricans sowie familiäre und persönliche Risikofaktoren herangezogen werden, d.h. es sollte nicht ausschließlich auf einen pathologischen HOMA-IR-Wert abgehoben werden, wie auch von anderen Untersuchern vorgeschlagen wurde.

Der Grund des Arztbesuches bei den Patientinnen mit einem gynäkologischen Alter von über 3 Jahren waren in 70% Zyklusauffälligkeiten (Oligomenorrhoe oder sekundäre Amenorrhoe), ein Prozentsatz, den in etwa auch andere Untersucher festgestellt haben (I. de la Parra, 2004; K. Siemaszko und I. de la Parra, 2003). Diesen Patientinnen wurden monatliche Kontrolluntersuchungen, Diät und körperliche Aktivität sowie psychologische Hilfe angeboten.

Bezüglich der familiären Risikofaktoren zeigte sich, dass auch diese Faktoren – ebenso wie in anderen Studien – von Bedeutung sind: In 20% zeigte nur die Mutter eine Pathologie auf, in 15% Mutter und Vater. Die Mutter oder der Vater und ein weiterer Verwandter (z.B. Großeltern) wiesen in 10% eine Pathologie auf, wohingegen in 5% allein der Vater Risikofaktoren aufwies. Die auffälligen Familienangehörigen ersten und zweiten Grades zeigten als häufigste Pathologien eine Hypertonie (74%), einen Diabetes mellitus vom Typ 2 (72%), Übergewicht (69%), eine Dyslipidämie (33%), eine Insulin-Resistenz (28%) sowie/oder eine Hypothyreose (28%). Diese Pathologien lagen zu 15% in den Familien von Mädchen mit IR und zu ca. 50% in den Familien von Mädchen mit metabolischen Syndrom oder Syndrom X vor.

Als eigene Risikofaktoren ergaben sich hauptsächlich Übergewicht und Adipositas (30%), Akne und Hirsutismus (22%) sowie Akne, Hirsutismus und Adipositas (20%). Nur zwei Patientinnen litten zum Zeitpunkt der Arztvorstellung an einer Hypertonie.

Es erschien uns wichtig, das Geburtsgewicht der Patientinnen in die Untersuchung einzubeziehen, da seit langem die Ursache einer IR auch in einer fetalen Mangelversorgung gesehen wird. (H. Lebovitz, 2003): Ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Geburtsgewicht und dem Auftreten einer IR im Erwachsenalter wurde in zahlreichen britischen Studien aufgezeigt. In einer Studie mit Männern korrelierten deren fortgeschrittene kardiovaskuläre Erkrankungen mit einem niedrigen Geburtsgewicht. Eine zweite Studie zeigte, dass Männer mit niedrigem Geburtsgewicht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus vom Typ 2 bzw. einer Glukosetoleranzstörung haben. Die Glukosetoleranzstörung bzw. der Diabetes mellitus vom Typ 2 traten unabhängig vom Gestationsalter auf, was zeigt, dass der Effekt des niedrigen Geburtsgewichtes sowohl auf einer fetalen Wachstumsretardierung als auch auf einer Frühgeburtlichkeit basieren kann. Im Einzelnen ergab sich, dass 30% der Personen, die mit einem niedrigen Geburtsgewicht geboren worden waren, eine IR entwickelten, jedoch nur 6% der Personen mit einem Geburtsgewicht von über 4000g.

In unserer Untersuchung konnten wir ob der kleinen Fallzahl keinen Chi2-Test durchführen, der Anteil der Jugendlichen mit niedrigem Geburtsgewicht ( < 2500g) war jedoch ähnlich. Nur 3 Jugendliche hatten ein Geburtsgewicht von über 3999g. – Auch unsere Vorstudie mit 120 Patientinnen zeigte keine eindeutigen Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs „IR – niedriges Geburtsgewicht“.

Als Erklärung für das Phänomen bietet sich an: Der Fet kann in utero einer insuffizienten Ernährung durch die Mutter, einem gestörten Plazentatransfer von Stoffen und/oder eigenen metabolischen Störungen ausgesetzt sein. Diese drei Faktoren können daher womöglich das fetale ZNS prägen und dahingehend zur Modifizierung des Metabolismus führen, dass die zugeführten Nährstoffe möglichst optimal ausgenutzt werden. Diese metabolischen Anpassungen bleiben womöglich im Gehirn verankert. Wenn dann die Kalorienzufuhr post partum adäquat oder exzessiv ist, kann es zu einer viszeralen Adipositas und damit zu einer IR, einem Diabetes bzw. einem metabolischem Syndrom im Erwachsenenalter kommen (H. Lebowitz, 2003).

Von den Müttern der 40 Patientinnen hatten nur zwei an einem Schwangerschaftshypertonus gelitten.

Symptome bei IR: Bezüglich der Symptome, die mit einer IR vergesellschaftet sind, zeigte sich in 36% Übergewicht und in 45% eine Adipositas mit einem BMI über 30. Das Taillen-/ Hüftumfang-Verhältnis war bei 70% der Patientinnen (n = 28) pathologisch (>= 0,89). Bei 15 dieser 28 Mädchen lag die Menarche allerdings weniger als ein Jahr zurück (gynäkologisches Alter <1), so dass sich das Taillen-/Hüftumfang- Verhältnis im Rahmen des Wachstums späterhin noch änderte.

70% der Patientinnen wiesen eine Acanthosis nigricans, 7,5% eine Akne und 30% einen Hirsutismus mit einem Wert über 15 im Ferriman-Gallway Score auf.

Lipidprofil: 8% der Patientinnen zeigten erhöhte Gesamtcholesterin- Werte; LDL war bei 30% erhöht, HDL bei 15% der Patientinnen erniedrigt. Die Triglyzeride waren in 38% erhöht. – Alle diese Werte besserten sich deutlich in Richtung Normalisierung nach 8-monatiger Diät sowie körperlicher Aktivität und einer Behandlung mit Metformin.

PCOS: 60% der Patientinnen wiesen sonografisch ein PCOS mit erhöhten Ovarvolumina, subkapsulär perlschnurartig aufgereihten Follikeln und veränderten Rinden/Mark-Verhältnissen auf. – Nach einer Behandlung von einem Jahr besserten sich auch diese Veränderungen bei 70% der betroffenen Mädchen.

Die hypertensiven und hypothyreoten Patientinnen wurden zusammen mit den Internisten behandelt (n = 3).

Lebensführung: Allen Patientinnen wurden Diät sowie mehr Sport bzw. körperliche Aktivität verordnet, d.h. sie sollten zumindest zwei- bis dreimal wöchentlich für 30 bis 60 Minuten spazieren gehen, reichlich Flüssigkeit aufnehmen und eine ballaststoffreiche Diät einhalten. Schwierigkeiten ergaben sich in erster Linie hinsichtlich der körperlichen Aktivität, in zweiter Linie hinsichtlich der Diät. Die Diät war um so erfolgreicher, je stärker die Familie einbezogen war. Mit der Einnahme von Metformin ergaben sich keine Schwierigkeiten.

Das Team bestellte die Patientinnen monatlich zu Kontrollen ein. Eine wichtige Beobachtung war, dass die Patientinnen wieder menstruierten, wenn sie mindestens 2 bis 3kg an Körpergewicht verloren hatten, und dass die Menstruationen erneut ausblieben, wenn dieser Gewichtsverlust nicht gehalten werden konnte.

Es konnte ein direkter Zusammenhang zwischen dem Einhalten der Diät sowie der gesteigerten körperlichen Aktivität und der Inanspruchnahme der psychologischen Betreuung seitens der Patientinnen und deren Familien gezeigt werden. Andererseits ergab sich ebenso eindeutig, dass Patientinnen, die selbst oder deren Familien keine Krankheitseinsicht zeigten (keine familiäre Unterstützung), die Therapie häufig abbrachen bzw. keine Besserungen erzielten.

Der zweite Teil dieser Studie, welcher die weitere Betreuung und die Therapie mit Metformin bei einigen Patientinnen beinhaltet, wird aktuell durchgeführt. Zwar fehlen nach wie vor Standardisierungen der HOMAIR- Werte im Hinblick auf die argentinische Bevölkerung, dies ist jedoch im Hinblick darauf von untergeordneter Bedeutung, als heutzutage die Verwendung von Metformin bei Jugendlichen – ebenso wie bei Schwangeren – unter engmaschigen Kontrollen durchgeführt wird.

Diese Studie hat viele Fragen aufgeworfen, was zeigt, dass Studien mit größerer Fallzahl und längerer Nachbeobachtungszeit notwendig sind.

Tab. 8: Schlussfolgerungen aus der Studie

Familienanamnese: Typ-2-Diabetes, Hypertension und hoher Body-Mass-Index bei Verwandten 1. und 2. Grades sind augenscheinlich wichtige Gründe dafür, bei Mädchen und weiblichen Jugendlichen auf das Vorliegen einer Insulin-Resistenz zu testen;

Eigenanamnese: Charakteristische persönliche Merkmale fur eine Insulin-Resistenz sind Obesitas, irregulare Menstruationszyklen, Acanthosis nigricans und ein Taillen-/Hüftumfang-Quotient > 0,89 (ein niedriges Geburtsgewicht war in der vorliegenden Studie - bei allerdings kleiner Fallzahl - nicht signifikant);

Psychologische Aspekte: Eine Mutter mit psychosomatischen Problemen und/oder ein agressiver bzw. uninteressierter Vater waren mit 70% bzw. 40% die häufigsten Gründe für die Probleme der Mädchen mit Insulin-Resistenz;

Gute Behandlungsergebnisse konnten bei den Mädchen erzielt werden, die sowohl die medzinische und psychologische Betreuung als auch die Ernährungsberatung wahrnahmen.

Literatur:

  • De la Parra I. Síndrome X. En diagnos tico y terapéutica en endocrinología ginecológica y reproducción. SAEGRE 2004, Pg: 429-436;
  • Lebovitz H. Manual para clínicos sobre resistencia a la insulina. Science Press Brasil., 2003;
  • Leiderman S, Sedlinskly C, Fernandez G. Nuestra experiencia en el uso demetformina en adolescentes oligomenorreicas e insulina resistentes. Trabajo presentado en las XII Jornadas de Ginecologia Infanto Juvenil, 2-4 de noviembre de 2002;
  • Siemaszko K, de la Perra I. Síndrome de exceso de andrógenos o hiperandrogenismo en la adolescencia. Manual de Ginecologia Infanto Juvenil 2003, Pg: 259-289.

Weitere Literaturhinweise bei der Redaktion.

Aus dem Spanischen übersetzt von Dr. Ivonne Bedei, Mainz.

Anschrift für die Verfasser:

Dr. med. Alejandra Giurgiovich
Programa de Adolescencia,
Hospital de Clinicas „José de San Martin“, UBA,
Av. Córdoba 2351
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Tel.: (0-11) 5950-8475,
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