Fachwissen

Mütter mit AGS und deren Kinder:

Verläufe von Schwangerschaft, Geburt und Kindheit

Nils Krone

aus korasion Nr. 2, Mai 2001

Die Fertilitätsrate von Frauen mit kongenitalem adrenogenitalen Syndrom (AGS) wird in der Literatur als niedrig beschrieben. Dementsprechend liegen diesbezüglich nur wenige Daten vor. In der vorliegenden Studie wurden die Daten zur Schwangerschaftsrate, zu den Schwangerschaftsverläufen, zum Geburtsmodus und zur Langzeitentwicklung der Kinder von 30 Frauen mit AGS zusammengetragen und ausgewertet.

Voraussetzung für die Studie war, dass in einem Zentrum (Dr. von Haunersches Kinderspital, Kinderklinik der Ludwig-Maximilians-Universität, München) eine größere Zahl von Frauen mit AGS infolge eines 21-Hydroxylase-Mangels untersucht und über einen langen Zeitraum betreut worden war. Die Frauen, welche Kinder geboren hatten, wurden kontaktiert und befragt (strukturierter Fragebogen). Im übrigen wurden die einschlägigen Daten aus den Patientenakten, den Mütterpässen und den Vorsorgeheften zusammengestellt.

Zwischen 1978 und 1998 wurden von 18 Frauen mit AGS (eine Patientin mit Salzverlust, zwölf Patientinnen mit einfach virilisierendem und fünf Patientinnen mit nicht-klassischem AGS) 18 Mädchen und 13 Knaben geboren. Während den Schwangerschaften waren jeweils keine schwerwiegenden Komplikationen verzeichnet worden. Die Glukokortikoidsubstitution wurde während der Schwangerschaft in der Regel mit dem gleichen Steroid fortgeführt: Hydrokortison (n = 4), Prednison (n = 6), Prednisolon (n = 1) bzw. Dexamethason (n = 3). Aus nicht bekannten Gründen wurde eine Patientin von Prednison auf Dexamethason und eine andere von Dexamethason auf Hydrokortison umgestellt. Bezüglich zweier Schwangerer konnte die Art des substituierten Glukokortikoids retrospektiv nicht mehr ermittelt werden. Hinsichtlich des Geburtsmodus wurde ermittelt, dass in 16 Fällen (52 %) eine Sectio caesarea durchgeführt und in 15 Fällen (48 %) vaginal entbunden worden  war. Keines der Mädchen wies bei der Geburt Zeichen einer Virilisierung auf. 29 Kinder wurden am Termin, ein Mädchen in der 35. Schwangerschaftswoche und ein Knabe in der 31. Schwangerschaftswoche geboren. Fünf Kinder wurden aufgrund ihres Geburtsgewichts als small for gestational age (SGA) klassifiziert. Die postnatale Entwicklung war bei allen Kindern normal. Bei Abschluss der Untersuchung waren 18 Kinder älter als zehn Jahre, sieben Kinder zwischen fünf und zehn Jahren alt und sechs Kinder jünger als fünf Jahre.

Zusammenfassung:

Die Fertilitätsrate bei Frauen mit AGS, insbesondere bei Frauen mit schwerem bzw. salzverlierendem Phänotyp, ist reduziert. Hingegen ist festzustellen, dass Schwangerschaften bei Frauen mit AGS, die erfolgreich konzipiert haben, überwiegend ohne Komplikationen verlaufen. Des weiteren zeigte sich, dass die Rate an SGA-Kindern bei Müttern mit AGS möglicherweise erhöht ist. Die psychomotorische und somatische Langzeitentwicklung aller Kinder wurde anscheinend weder vom maternalen AGS noch durch die Steroidsubstitution während der Schwangerschaft negativ beeinflusst. Zum Ende der Studie befanden sich alle Kinder hinsichtlich ihrer psychomotorischen und somatischen Entwicklung im altersentsprechenden Normbereich.

Verfasser (Kurzfassung):

Dr. med. Nils Krone
Kiel